Ferdinand Blumentritt an Hugo Schuchardt (109-01146)

von Ferdinand Blumentritt

an Hugo Schuchardt

Leitmeritz

10. 01. 1886

language Deutsch

Schlagwörter: Biographisches Literaturhinweise / bibliographische Angaben Manuskriptnachlass Pardo de Tavera, Trinidad Hermenegildo Paterno, Pedro Alejandro Murillo, Mariano Paterno, Pedro Alejandro (1880) Paterno, Pedro Alejandro (1885)

Zitiervorschlag: Ferdinand Blumentritt an Hugo Schuchardt (109-01146). Leitmeritz, 10. 01. 1886. Hrsg. von Veronika Mattes (2013). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.745, abgerufen am 16. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.745.

Printedition: Mattes, Veronika (2010): "Sa Profesor Schuchardt munting alay ni F. Blumentritt": Die Briefe Ferdinand Blumentritts an Hugo Schuchardt. In: Grazer Linguistische Studien. Bd. 74., S. 63-237.


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Leitmeritz, 10. Jan. 1886

Verehrter Freund!

Hoffentlich geht es Ihnen in diesem neuen Jahre besser als mir, der ich seit vorigen Mittwoch Zimmerarrest habe. Dank einem heftigen Schnupfen und damit verbundener Heiserkeit. Ich würde mein Leiden geduldiger ertragen, wenn ich rauchen dürfte, so aber bin ich zu jeder Arbeit unnütz und vergeude die Zeit mit Bücherräumen und dem Copieren u Colorieren der genialen 'Mars'schen Zeichnungen aus dem Journal Amusant. Glücklicherweise war das Herumstöbern in meinen Büchern nicht|3| unnütz, denn ich stieß hiebei auf die Sampaguitas des Sr. Paterno1, die unter Xbd. heute an Sie abgehn.2 Mit diesen Sampaguitas verhält es sich also: Pardo schickte mir die Novela de Costumbres: Ninay seines Landsmannes D. Pedro Alejandro Paterno, ein merkwürdiges Buch, dessen groteske, puerile etc. Noten den Autor, einen mestizo chino, stark bloßstellen. Sie werden es vielleicht gelesen haben, wenn nicht, so steht es Ihnen hier zur Disposition. Auf dem Umschlage dieses Buches sind viele: obras del mismo autor abgedruckt, darunter einige historische und mythologische, die ich gerne mir ge|2|käuft hätte, doch Murillo3 schrieb mir, sie wären nirgendwo aufzutreiben gewesen. Ich wandte mich nun an Paterno selbst, mit der Bitte mir eventuell Verlag, Bibliothek etc. anzugeben, wo ich besagte Werke finden könnte. Der cochinado antwortete, jene obras wären schon vergriffen, doch wolle er mir zum Ersatze andere seiner Bücher senden: es waren dies ½ Dutzend Sampaguitas und 2 Influencia's social etc.

Paterno hat jene historischen etc. Abhandlungen eben nie geschrieben, sowie die Sampaguitas nur Titelauflagen durchgemacht haben. Que animal!

Ich erhielt die Sampaguitas um die Zeit, als Ihr Herr Vater starb, da wollte ich Sie nicht|4| mit diesen Sachen behelligen, die Weihnachtszeit nahm mich als einen Vater, der seinem Sohne eine ganze Armee von Papiersoldaten zu mobilisieren hatte, so in Anspruch, dass ich schließlich die Sampaguitas vergass und erst heute sie fand. Da das heurige Jahr ein año de jubileo y perdon ist, so werden Sie auch heute (zwei Wochen nach Sylvester beinahe!) noch meine Glückwünsche zum Jahreswechsel freundlich entgegennehmen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

ganz ergebener

F. Blumentritt


1 Pedro Alejandro Paterno (1858-1911), philippinischer Politiker, Dichter und Romancier. Erster philippinischer Autor eines Romans ( Ninay, 1885) und einer Gedichtesammlung (Sampaguitas y poesías, 1880).

2 Paterno, Alejandro (1885). Sampaguitas y Poesías varias (5. ed.). Dieses Büchlein findet sich im Materialienband des Nachlasses Schuchardts unter B. 11.10.1.1.

3 Mariano Murillo. Von ihm stammt das von Blumentritt mehrfach erwähnte Boletin de la Librería (s. Briefe Nr. 1045 und Karte 1065). Im Nachlass Schuchardts gibt es einen Brief Murillos (Brief Nr. 07608).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 01146)