Johannes Hoops an Hugo Schuchardt (01-04852)

von Johannes Hoops

an Hugo Schuchardt

Heidelberg

23. 06. 1911

language Deutsch

Schlagwörter: Publikationsvorhaben Verlag Karl J. Trübner Publikationsanfrage Forschungsfelder Schuchardts Korrespondenzbeilagen Meyer-Lübke, Wilhelm

Zitiervorschlag: Johannes Hoops an Hugo Schuchardt (01-04852). Heidelberg, 23. 06. 1911. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2016). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.3849, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.3849.


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Heidelberg, 23.6.11
Klingenteich 13

Hochgeehrter Herr Kollege,

Das Reallexikon der germ. Altertumskunde, das ich für Trübner herausgebe1, ist jetzt so weit fertig, daß die 1. Lieferung in den nächsten Tagen ausgegeben werden kann.2 Es hat sich aber im Lauf der Ausarbeitung als wünschenswert herausgestellt, den ursprünglich gezogenen Kreis hier u. da zu überschreiten und auch die Nachbarvölker der Germanen heranzuziehen. So hätte ich u.a. gern einige Artikel über Iberer u. Basken im Umfang von zusammen etwa ½ Bogen höchstens. Ich würde es mit ganz besonderer Freude u. Dankbarkeit begrüßen, wenn Sie, hochverehrter Herr Kolege, sich entschließen könnten, diese Beiträge zu übernehmen. Ich weiß ja, daß Sie immer mit Problemen u. Arbeiten aller Art reichlich beschäftigt sind; aber da Sie Ihr Interesse |2| wiederholt auch gerade jenen Völkern zugewandt haben, darf ich vielleicht doch hoffen, daß Sie meine Anfrage nicht ablehnen werden. Es kommt mir nicht nur darauf an, jene Artikel zu erhalten, sondern überhaupt Ihre wertvolle Mitwirkung dem Reallex. zu gewinnen. Sollten Sie noch sonst irgend einen Artikel haben, der für das Reallex. geeignet ist, so wäre ich für frdl. Mitteilung dankbar.

Erwähnen will ich noch, daß R. Much3 die germ. Stammeskunde u. Meyer-Lübke die roman. Beziehungen4 bearbeitet. – Den Artikel Basken müßte ich baldmöglichst, etwa bis 10. Juli haben, mit den Iberern hätte es Zeit bis 1. Okt.5 Bei diesem Art. käme es auf eine Übersicht über die iberische Sprach- u. Völkerfamilie an, wobei die aktuellen Probleme u. die Beziehungen zu den Indogermanen & namentlich Germanen in erster Linie zu berücksichtigen wären.

Das Honorar beträgt 110 M für den 16seitigen Bogen. Anbei Prospekt u. Textproben.6

Mit besten Grüßen Ihr ergebener
Hoops

H. Hofrat Schuchardt.


1 Reallexikon der Germanischen Altertumskunde , Bd. 1 bis 4, Straßburg: K. J. Trübner, 1911–1919 (insges. 2023 Artikel). Eine zweite Aufl. in 38 Bd. + 1 Regbd., hrsg. von Herbert Jankuhn, Heinrich Beck u.a., erschien 1973-2008 in Berlin bei de Gruyter. Höchst aufschlussreich ist Hoops‘ Vorwort zum 1. Bd. (S. V-IX): „Als ein wichtiges und erstrebenswertes Ziel des Reallexikons schwebte mir insbesondere die Herstellung einer Verbindung zwischen Vorgeschichte und Geschichte einerseits, zwischen Archäologie und Sprachwissenschaft anderseits vor. Es war freilich vorauszusehn, daß diese Aufgabe nur teilweise gelöst werden würde: Neigungen und Abneigungen der Mitarbeiter auf der einen, sachliche Schwierigkeiten auf der andern Seite erschweren ihre Durchführung in vielen Fällen sehr. Bei religions-, rechts-, sozial- und allgemein kulturgeschichtlichen Fragen bildet die vergleichende Sprachwissenschaft, gestützt durch Rückschlüsse aus den späteren Verhältnissen bei den Einzelvölkern und durch vergleichende Heranziehung der Zustände bei primitiven Volksstämmen der Gegenwart, die Möglichkeit einer Anknüpfung an die indogermanische Urzeit. Die so mittels sprachgeschichtlicher, historischer und volkskundlicher Untersuchung erzielten Ergebnisse durch die Verwertung archäologischer und geographischer Tatsachen zu ergänzen, ist wohl wünschenswert, aber hier nicht unbedingt erforderlich. Die Verknüpfung der historisch -germanischen mit den vorgeschichtlichen Verhältnissen ist deshalb bei der Darstellung der Religionsvorstellungen, Rechtsbegriffe und gesellschaftlichen Zustände überall angestrebt, eine kritiklose Zusammenwerfung von Tatsachen aus verschiedenen Zeitepochen und Kulturkreisen aber wie sie namentlich in der Religionsgeschichte noch vielfach üblich ist, nach Möglichkeit vermieden worden“ (S. VI).

2 Diese (A – Backwerk, S. 1-152) wurde am 1. September 1911 ausgegeben. Wie im weiteren Verlauf des Briefes ersichtlich, räumte HoopsSchuchardt nur zweieinhalb Wochen bis zur Ablieferung eines Beitrags über die Basken ein, was sehr knapp war. Die zweite Lieferung des 1. Bandes A-E (Backwerk – Brettspiel, S. 153-313) erschien im Februar 1912 ohne einen Beitrag „Basken“. Die enge Fristsetzung könnte der Grund für Schuchardts Ablehnung gewesen sein. Unter den Mitarbeitern wird er auch nicht genannt, dafür sein Fast-Namensvetter Carl Schuchhardt (1859-1943), Geh. Regierungsrat und Direktor am Museum für Völkerkunde in Berlin.

3 Rudolf Much (1862-1936) war ein österreichischer Skandinavist, Altphilologe und Religionswissenschaftler, der die ursprünglich übernommene Herausgabe des Reallexikons aus Gesundheitsgründen an Hoops abgetreten hatte. Much hat insgesamt 248 Artikel zum Reallexikon verfasst.

4 Der Wiener, später Bonner Romanist Wilhelm Meyer-Lübke (1861-1936) figuriert zwar bei allen vier Bänden als Mitarbeiter, doch kann nur der Artikel „ Dreschen “ aus seiner Feder für das RGA I, 1912, 488-489), nachgewiesen werden; vgl. Gerhard Moldenhauer, „ Verzeichnis der Veröffentlichungen von Wilhelm Meyer-Lübke “, ZfSL 61, 1938, 385-440.

5 Schuchardt hat keinen dieser Artikel geliefert, die auch nicht aus anderer Feder nachweisbar sind.

6 Nicht erhalten

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04852)