Elise Richter an Hugo Schuchardt (38-9956)

von Elise Richter

an Hugo Schuchardt

Unbekannt

23. 04. 1916

language Deutsch

Schlagwörter: Dankschreiben Religion Sprachkontakt (allgemein) Entlehnung Sprachgeschichte (extern)language Romanische Sprachenlanguage Französischlanguage Arabischlanguage Türkisch

Zitiervorschlag: Elise Richter an Hugo Schuchardt (38-9956). Unbekannt, 23. 04. 1916. Hrsg. von Bernhard Hurch (2009). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.314, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.314.

Printedition: Hurch, Bernhard (2009): "Wir haben die Zähigkeit des jüdischen Blutes!" Leo Spitzer an Elise Richter. In: Grazer Linguistische Studien. Bd. 72., S. 199-244.


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[XIX Karl Ludwig Strasse 69] Ostersonntag

Hochverehrter Herr Hofrat,

Mit dem herzlichsten Dank für Ihre Karte vom 16. verbinde ich heut schon wieder eine Bitte, aber diesmal handelt es sich um ein anderes genus hominis, nicht um boche sondern um Huri. Wir waren nämlich gestern Abend ein paar Fachsimpler zusammen, darunter Prof. Leòn Kellner,1 der Anglist, der uns die unbequeme Frage vorlegte, wann Huri in den romanischen Sprachen auftrete, bezw. wann im Mittelalter die burleske epische Auffassung des Mohamedaners der sachgemässen Kenntnis des Arabers und des Korans weicht. Im Französischen ist Huri nicht vor dem 17. Jahrh. belegt. Die zur Verfügung stehenden Wörterbücher versagten. So wage ich es, Sie recht herzlich zu bitten, dass Sie Ihr Licht |2| über uns leuchten lassen. Wer hat das Buch geschrieben, das doch vorhanden sein muß, über die Einflüsse des Arabischen im Abendlande über die Erkenntnis des Korans? Warum kommt Houri in türkischer Form ins Abendland, nicht in arabischer?

Verzeihen Sie den neuerlichen Hausfriedensbruch

Ihrer sehr ergebenen

Elise Richter


1 Leon Kellner (1859-1928) österreichischer Anglist, Professor in Czernowitz, unterrichtete auch in Wien. Enge Beziehung zu Theodor Herzl, gab auch nachgelassene Schriften von diesem heraus, war Schwiegervater Walter Benjamins. Ausgiebige publizistische und journalistische Tätigkeit. Unter NB 265/42 liegen 18, in der Wienbibliothek zwei Briefe unter 930. Mit Schuchardt stand Kellner nicht in brieflicher Verbindung.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 9956)