Hugo Schuchardt Archiv

Leipzig 28. Nov. 72.

Verehrter Freund!

Vor etwa 8 Tagen habe ich die Berufung nach Halle als Ordinarius (mit 1200 Thal.) angenommen. Indem ich Ihnen dies mittheile, spreche ich Ihnen nochmals meinen herzlichsten Dank für den wesentlichen Antheil aus, den Sie an dem glücklichen Erfolg dieser Angelegenheit gehabt haben. Prof Zacher¹ suchte mich zu veranlassen, noch während dieses Semesters nach Halle überzusiedeln und die Vorlesungen dort zu beginnen, was mir aber aus mehr als einem Grunde nicht rathsam schien. Wenn ich auch in Halle eine angesehenere Stellung haben werde, wie hier, so doch schwerlich eine angesehenere Wirksamkeit: dort kommt es vor Allem auf Ausbildung von Schulamtskandidaten an. Ich hoffe sehr, daß ich nicht mein ganzes Leben in Halle zubringen muß. Früher hatte ich mir zuweilen träumen lassen, ich könnte in Italien, wohin mich immer eine romantische Neigung zieht, unter bescheidenen Verhältnissen eine bestimmte Thätigkeit |2| erlangen. Doch werde ich nun wohl an den Norden gebannt bleiben. - Lassen Sie bald einmal etwas von sich hören.

Mit herzlichstem Gruße

Ihr ganz ergebener

H. Schuchardt